Kirchlicher Träger verwehrt langjähriger alleinerziehender Erzieherin Beschäftigungsverhältnis in Teilzeit

Eine 43-jährige Erzieherin ist seit 16 Jahren in Vollzeit für einen katholischen Träger, der eine Vielzahl pädagogischer Einrichtungen, unter anderem 3 Kindertagesstätten und eine Einrichtung innerhalb derer er hilfsbedürftige Frauen sowie Familien in Not unterstützt betreibt, tätig.

In ihrem sehr umfassenden christlichen Leitbild sieht die Arbeitgeberin sich dem gesellschaftlichen Wandel besonders verpflichtet und verschreibt sich einer modernen Arbeitswelt inklusive entsprechend flexibler Beschäftigungsmodelle.

Elf Jahre nach Beginn des Anstellungsverhältnisses, wurde die Klägerin schwanger, zwei Jahre darauf erwartete sie ihr zweites Kind. Die Klägerin ist alleinerziehend.

In 2021 wollte die Klägerin nach ihrer Elternzeit in Teilzeit - innerhalb eines Zeitkorridors zwischen 8:45 Uhr und 15:15 Uhr - an ihren Arbeitsplatz zurückkehren. Ihre bisherigen Arbeitsleistungen wurden von der Arbeitgeberin mit sehr engagiert und stets hochmotiviert bewertet. Ihr Arbeitgeber lehnte eine Rückkehr in dem von der Klägerin vorgegebenen Zeitrahmen aus betrieblichen Gründen gem. § 9a II 1 i.V.m. § 8 IV TzBfG ab. Die Organisation des bisher innegehabten Arbeitsplatzes erfordere auch den Einsatz der Arbeitnehmerin bis 17 Uhr am Nachmittag. Ein anderer freier Arbeitsplatz stehe nicht zur Verfügung; zudem sei auch an allen anderen Arbeitsplätzen aus organisatorischen Gründen eine längere Präsenz in den Nachmittagsstunden zwingend. Die gelte auch im Bereich der Kindertagesstätten.

Zudem sei die seit April 20121 einzige freie Teilzeitstelle - geringer besoldet - im Kindergartenbereich zwischenzeitlich anderweitig besetzt worden. Diese sei zudem zeitlich ebenfalls nicht mit der Betreuung der beiden Kindergartenkinder an ihrem 30 km entfernten Wohnsitz zu vereinbaren gewesen. Dort sind die Kinder eingelebt und sozial integriert, weshalb ein angebotener Wechsel des Kindergartens von der Klägerin unter Hinweis auf das vorrangige Wohl der beiden Kinder abgelehnt wurde. Der Sohn steht vor der Einschulung am Wohnort.

Nach dem erfolglosen Versuch einer außergerichtlichen Einigung um eine sachgerechte Lösung und dem Scheitern der gerichtlichen Güteverhandlung, prüft Wohlleben und Partner nunmehr gerichtlich die Geltendmachung eines familienfreundlichen Arbeitsplatzes für die alleinerziehende Mutter. Gemäß der Änderung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes im Jahr 2019, steht der Klägerin gesetzlich ein Anspruch auf Reduktion ihrer Arbeitszeit für die Dauer von bis zu fünf Jahren zu. Ob dieser Teilzeitanspruch unternehmensbezogen, d.h. im vorliegenden Fall innerhalb sämtlicher Einrichtungen der Arbeitgeberin - inklusive der drei Kindertagesstätten -, oder betriebsbezogen - d.h. begrenzt auf den bisherigen Einsatz in der Notaufnahmeeinrichtung - zu prüfen ist, wird das Arbeitsgericht Trier zu entscheiden haben.

Kammertermin ist auf den 08.02.2022 anberaumt. Den Prozess für die Klägerin führt Rechtsanwältin Dr. Margit Bastgen.

Aktualisierung vom 08.04.2022:

Die gerichtliche Geltendmachung eines familienfreundlichen Arbeitsplatzes für die alleinerziehende Mutter ist in erster Instanz gescheitert.

Unserer Auffassung nach hat das Gericht einen falschen Prüfungsmaßstab angewandt und der besonderen tarifvertraglichen Regelung aus den AVR nicht hinreichend Rechnung getragen.

Wohlleben und Partner mbB hat Berufung eingelegt und sich parallel dazu an den Schlichtungsausschuss des Bistums gewandt, um eine innerkirchliche Regelung herbeizuführen, die dem Leitbild der Gegenseite gerecht wird.

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