Klarer Durchblick im Wohnungseigentumsrecht?!

BGH, Urteil vom 14.06.2019, Az. V ZR 254/17

Das Wohnungseigentumsrecht ist für viele Wohnungseigentümer ein Buch mit sieben Siegeln. Das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 14.06.2019 (Az. V ZR 254/17) beweist einmal mehr, warum dem so ist.

Fenster samt Rahmen stehen zwingend im Gemeinschaftseigentum. Sie sind daher grundsätzlich auf Veranlassung und Kosten der Wohnungseigentümergemeinschaft zu erneuern. Zwar kann in der Gemeinschaftsordnung die Erneuerungs- und Kostentragungspflicht auf einzelne Eigentümer übertragen werden. Wegen der damit verbundenen Abweichung von gesetzlichen Vorschriften bedarf dies aber einer klaren und eindeutigen Regelung.

Viele Gemeinschaftsordnungen enthalten Regelungen, die zwar auf den ersten Blick scheinbar klar dafür sprechen, dass der jeweilige Sondereigentümer für die Erneuerung der Fenster seiner Wohnung zuständig ist. Tatsächlich sind diese Regelungen jedoch oft juristisch alles andere als eindeutig. Fehlt es an der erforderlichen eindeutigen Zuweisung der Erneuerung an die jeweiligen Sondereigentümer, bleibt die Wohnungseigentümergemeinschaft zuständig und hat die Kosten zu schultern (vgl. BGH, Urteil vom 02.03.2012, Az. V ZR 174/11).

In dem von dem BGH am 14.06.2019 entschiedenen Fall ist ein Wohnungseigentümer „doppelt hereingefallen“. Zunächst ging er aufgrund einer für ihn klaren, juristisch aber dennoch nicht eindeutigen Regelung in der Gemeinschaftsordnung davon aus, auf eigene Kosten die Fenster austauschen zu müssen. Er tat dies dann in Eigenregie. Auch die anderen Wohnungseigentümer und der Verwalter, mit dem der Wohnungseigentümer die Erneuerung abgestimmt hatte, sahen die Verpflichtung zum Austausch bei dem jeweiligen Wohnungseigentümer selbst.

Als der Wohnungseigentümer von dem Urteil des BGH vom 02.03.2012 erfuhr, wurde ihm bewusst, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft den Austausch hätte durchführen müssen – und zwar auf ihre Kosten. Daraufhin verklagte er die Wohnungseigentümergemeinschaft auf Erstattung seiner ihm beim Fensteraustausch entstandenen Kosten – und verlor.

Der BGH hat am 14.06.2019 entschieden, dass ein Wohnungseigentümer, der die Fenster seiner Wohnung in der irrigen Annahme erneuert hat, dies sei seine Aufgabe und nicht gemeinschaftliche Aufgabe der Wohnungseigentümergemeinschaft, keinen Anspruch auf Kostenersatz hat. Der BGH begründete seine Entscheidung u.a. mit dem Argument, eine Kostenerstattung liefe den Vorschriften des Wohnungseigentumsgesetzes und den schutzwürdigen Interessen der anderen Wohnungseigentümer zuwider.

Fazit: Die Entscheidung zeigt nicht nur, wie unberechenbar das Wohnungseigentumsrecht für juristische Laien sein kann. Sie zeigt auch, dass es für Wohnungseigentümer ohne juristische Prüfung der Gemeinschaftsordnung und Kenntnis der einschlägigen Rechtsprechung zu bösen Überraschungen kommen kann.

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