Bei unklarer Verkehrslage müssen alle Verkehrsteilnehmer umsichtig fahren

LG Saarbrücken, AZ 13 S 74/22 v. 20.01.2023

Im März 2019 kollidierten zwei Verkehrsteilnehmerinnen auf einer Landstraße im Saarland, während sie einen stehenden Lieferwagen, welcher den Warnblinker aktiviert hatte, kurz vor einer Ampel zeitgleich überholen wollten. Die Verkehrsteilnehmerinnen forderten jeweils Schadensersatz für den Unfallschaden voneinander.

Das Landgericht Saarbrücken entschied, dass der Schaden hälftig geteilt werden müsse: Die Fahrerin direkt hinter dem Hindernis hätte sich vor dem Ausscheren vergewissern müssen, dass keins der Fahrzeuge in der Schlange hinter ihr bereits ebenfalls zum Überholvorgang angesetzt hatte. Die Fahrerin dahinter, welche ebenfalls zum Überholen angesetzt hatte, habe wiederum gegen ihre Sorgfaltspflichten aus § 1 II StVO verstoßen, da sie seitlich mehr Abstand zu der Fahrerin hätte halten müssen, welche direkt hinter dem Hindernis stand: Mit ausscherenden Fahrzeugen sei in einer Schlange immer zu rechnen.

Grundsätzlich ist das Überholen bei unklarer Verkehrslage gem. § 5 III Nr. 1 StVO verboten. Solch eine unklare Verkehrslage liegt vor, wenn nach Berücksichtigung aller objektiven Umstände nicht damit gerechnet werden kann, dass der Überholvorgang gefahrlos durchgeführt werden kann.

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