Adoptivkinder innerhalb der Familie können doppelt erben!
OLG Frankfurt a. M., Beschl. v. 15.12.2021 – 21 W 170/21
Im vom OLG Frankfurt a. M. zu entscheidenden Fall beantragte das Adoptivkind einen Erbschein, der es zu ½ als Erben seiner kinderlos verstorbenen Tante (im Folgenden: Erblasserin) auswies. Dabei addierte es zu dem Erbteil der Adoptivmutter auch den Erbteil der leiblichen Mutter. Gegen diesen Antrag wendeten sich die übrigen gesetzlichen Erben mit der Begründung, dass ein Adoptivkind wegen § 1756 Abs. 1 BGB nicht dem „Stamm“ des leiblichen Elternteils angehört.
Die Tante hatte neben der leiblichen Mutter und der Adoptivmutter des Kindes noch zwei weitere Geschwister (insgesamt also vier). Diese sind alle vor der Erblasserin verstorben, sodass die jeweiligen Kinder der Geschwister als gesetzliche Erben berufen waren.
Nunmehr entschied das Oberlandesgericht, dass die Ermittlung der Erbquoten durch das Adoptivkind korrekt gewesen sei und gab dem Adoptivkind damit recht. Das Gesetz kenne den Fall einer mehrfachen Berufung in § 1927 S. 1 BGB. Dieser ordnete an, dass der Erbe in Abweichung zu § 1924 Abs. 4 BGB den ihm in beiden Stämmen angefallen Erbteil (Adoptivmutter und leibliche Mutter) beanspruchen könne.
Dabei erteilt es der in der Literatur vertretenen Gegenauffassung eine Absage. § 1756 Abs. 1 BGB wolle die durch den weggefallenen leiblichen Adoptivelternteil vermittelte Verwandtschaftsbeziehung des Adoptivkindes allein im Verhältnis zum leiblichen Elternteil, aber nicht auch hinsichtlich der darüber vermittelten Verwandtschaft des Adoptivkindes unterbrechen. Dies werde durch den Wortlaut des § 1756 Abs. 1 S. 1 BGB bestätigt, da demnach „nur“ das Verwandtschaftsverhältnis des Adoptivkindes zum leiblichen Elternteil erlöschen solle. Der übrige Stamm der Herkunftsfamilie bleibe unberührt.
Außerdem zieht das Gericht eine Parallele zu Kindern aus Ehen von Geschwisterkindern. Auch für diese gelte § 1927 S. 1 BGB; im Falle des Todes eines weiteren Geschwisterteils, wäre die Norm zweifelsfrei anwendbar. Es bestünde keine Veranlassung, ein Adoptivkind nur deshalb vom Anwendungsbereich der Norm auszunehmen, weil seine mehrfache Erbberechtigung auf Adoption anstelle biologischer Abstammung beruhe.